Fuchs und Gans im 50. Stock. Kindermärchen von Jens Uwe Ries (l11)

2,00

Beschreibung

Jens- Uwe Ries:

Fuchs und Gans im fünfzigsten Stock.
Packpapier- Verlag. Kinderbuchheftchen mit 30 Seiten. Postkartenformat, mit 7 Zeichnungen von Rune Söndergard (Rinkenäs, Dänemark)

„Nun erzähle also auch ich euch ein Märchen: Es war einmal… „Ja, was denn nun?! Erzähl! Los!“ „Kommen auch Vampire drin vor?“ „Und wie geht es aus?“ Hm, ich glaube, so wird das nichts. Etwas Geduld müssen wir schon aufbringen, wenn wir etwas erfahren wollen, was nun los war und wie es dazu kam, denn so urplötzlich, ohne Vorgeschichte, geschieht nichts. Also: Vor langer, langer Zeit, genauer: am 30. Januar 1991 (wie die Menschen, nach ihrer blöden Art, alles zu zählen, als wüssten sie dann mehr!, jeden Tag nummerierten)… Nein, wir beginnen noch mal von vorn, denn dieser Satz ist zu lang! Vor langer Zeit begab es sich, daß die Tiere in das Hochhaus einzogen. Gebaut wurde dieses Haus natürlich von Menschen. Welches Tier käme wohl auf solch einen verrückten Gedanken: ein Hochhaus!!
Lange Zeit stand dieses leer, obwohl die Menschen immer wieder versuchten, die Tiere davon zu überzeugen, daß der Einzug für sie unbedingt notwendig und vorteilhaft sei. So legten sie beispielsweise Futterspuren bis ins Haus hinein und stellten Kunststofftiere in einige Fenster. Die Tiere sollten glauben, daß das Haus schon von einigen ihrer Artgenossen bewohnt sei. Um diesen Eindruck zu verstärken, wurden von Tonbändern Tierrufe abgespielt, die nach eitel Freude und Frohsinn klangen: wo könnten Tiere besser aufgehoben sein, als eben in diesem Hochhaus! Das alles, und was es noch für miese Tricks gibt, setzten die Menschen zur Überlistung der Tiere ein. Allem zum Trotz aber fielen die Tiere nicht darauf herein. Sie fürchteten sich und es wurde ihnen ganz kalt bei dem Gedanken, in  dem düsteren Gebäude wohnen zu müssen. Sie sahen keinen Grund, die Wälder und Wiesen zu verlassen. Und dennoch sollten sie sich eines Tages in dem Hochhaus einfinden. Wie kam es dazu?“

Wie es dazu kam, daß die Menschen die Tiere in das Hochhaus brachten (sie wollten nämlich den Wald abholzen und Straßen und Fabriken auf den Wiesen bauen und das Land unter sich aufteilen), davon erfahrt Ihr, wenn Ihr im Heftchen weiterlest. Und Ihr werdet auch sehen, welch listige und kluge Ideen die Tiere entwickelten, um das Hochhaus wieder zu verlassen und ihren Wald zurückzuerobern,…
Jens- Uwe Ries, der sich in seinen Romanen, Erzählungen und Aufsätzen mit dem Zusammenleben von Menschen in Gesellschaft, Politik und Privatleben auseinandersetzt, probiert sich hier sehr gelungen am Genre Kindermärchen.  Frech und mutmachend geschrieben, können die Erwachsenen dieses Märchen auch als Fabel lesen;… wo kommen wir hin, wenn wir weitergehen wie bisher. Und ist eine ökologisch-soziale Utopie vielleicht weniger merkwürdig, als gerade ihr Gegenteil: die hemmungslose Ausbeutung der Ressourcen der Erde und die Ignoranz gegenüber dem, was anders ist- oder anders erscheint.


Statt eines mahnenden Zeigefingers begegnet man eingängig- ulkigen Bildern… das Reh vor der Badewanne ersetzt den gesamten Zivilisationsdiskurs, und statt die Augenbrauen kritisch kräuseln zu müssen, kann man herzhaft über die entworfenen Bilder lachen— und auch mal ein bisschen traurig sein, wenn sich die Tiere inmitten der angepriesenen Hygiene des Hochhauses nach der Erde des Waldes sehnen.